Kulturelle Vielfalt sichern – Freiräume entwickeln

Die Fraktion Grüne/BI Stadtentwicklung/PIRATEN hat auf der Fraktionssitzung vom 16.4.2015 einen Beschluss zu kulturellen Entwicklungsplanung 2016-2020 verabschiedet. Hier der Wortlaut:

Fraktion Grüne/ B90 & BI Stadtentwicklung / Pirat in der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (Oder)

Beschluss der Fraktionssitzung am 16.4.2015

Kulturentwicklungsplanung 2016-2020

Kulturelle Vielfalt sichern – Freiräume entwickeln

Kulturelle Angebote sind ein wichtiger Standortfaktor, der unter anderem dafür ausschlaggebend ist, dass Menschen in unserer Stadt bleiben oder sich in unserer Stadt niederlassen. Kunst und Kultur stellen aber auch einen eigenständigen Wert dar, der gepflegt und in den investiert werden muss. Kultur ist eng verknüpft mit
Bildung und Teilhabe, daher ist Kulturförderung für uns eine der wesentlichen städtischen Aufgaben, die weit über den engen Kulturbegriff hinausgeht. Neben den durch die Stadt vorgehaltenen Kunst- und Kulturangeboten halten wir eine gesicherte finanzielle und organisatorische Unterstützung der freien Szene für notwendig. In der freien Szene und durch Eigenproduktionen wird Kunst und Kultur nicht nur konsumiert, sondern vor Ort von und für Bürgerinnen und Bürgern geschaffen, und sie wirkt damit identitätsstiftend für die Menschen unserer Stadt. Kulturangebote sollen unsere Stadt lebendiger machen und müssen bürgerInnennah gestaltet werden.

In der anstehenden Kulturentwicklungsplanung (KEPl) für den Zeitraum 2016-2020
halten wir folgende Punkte für wichtig:

  1. Zukunftsfähige Organisation der Kultureinrichtungen:
    Das Nebeneinander eines Regiebetriebes für das Brandenburgische Staatsorchester, eines Kultureigenbetriebes und einer kommunalen Kultur-GmbH – der Messe- und Veranstaltungs-GmbH – halten wir nicht für zukunftsfähig. Hier sollte eine Zusammenführung dieser drei Kulturinstitutionen angestrebt werden. Dabei muss auch eine Kooperation und strukturelle Zusammenarbeit mit den umliegenden Städten, Gemeinden und Landkreisen sowie vergleichbaren Institutionen im Land Brandenburg angestrebt werden.
    Konkret favorisieren wir, dass die Bewirtschaftung des Messegeländes nach den geplanten Strukturänderungen in der Wirtschaftsförderung durch das TeGeCe übernommen wird. Alle übrigen Betriebsteile, inklusive des kulturellen Kernbereichs der MUV GmbH sollten in den Kultureigenbetrieb als zentraler Kultur- und Veranstaltungsorganisationseinheit als städtischer Eigenbetrieb integriert werden.
    Einer Kooperation des Museums Junge Kunst mit dem Museum Dieselkraftwerk und der Sammlung Beeskow unter Beteiligung des Landes Brandenburg im Rahmen einer Stiftungslösung stehen wir aufgeschlossen gegenüber. Der Bereich temporärer Ausstellungen zeitgenössischer, aktueller Kunst, muss aber weiterhin erhalten bleiben, um den Charakter des Museums zu profilieren.
    Ähnliches gilt für das stärkere Engagement des Landes beim Staatsorchester. Bis zur Schaffung dieser neuen Struktur muss der Zuschuss zumStaatsorchester aber gedeckelt werden. Wir erwarten vom Orchester eine höhere Flexibilität und den Willen, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auszukommen – auch aus Fairness den anderen Kultureinrichtungen gegenüber.
    Dazu gehören mehr Transparenz, eine regelmäßige Evaluierung und ein funktionierendes Controlling des laufenden Orchesterbetriebs.
    Die Volkshochschule ist zwar auf der finanziellen Seite aus dem Kulturhaushalt in den Bildungshaushalt herübergewandert, bleibt aber weiterhin Teil des Kultureigenbetriebes und nimmt unabdingbare Aufgaben im Bereich der kulturellen Bildung wahr. Deshalb sollte die Volkshochschule ihr Wissen und ihre Erfahrungen bei der Erarbeitung der KEPl einbringen dürfen und an dem Prozess teilnehmen.
  2. Freie Kunst- und Kulturszene wertschätzen und stärken:
    Eine sich stetig wandelnde Szene aus Vereinen, Initiativen und AkteurInnen, die aus eigener Initiative Kunst- und Kulturereignisse verwirklichen, braucht wieder eine professionelle Ansprechperson im Kultureigenbetrieb, die sie berät, unterstützt und ihre Interessen vertritt, um so die freie Szene aktiv, initiativ und vernetzend zu unterstützen. Das Kulturbüro soll stärker Dienstleister für die freie Kunst- und Kulturszene sein, denn gerade auch junge Menschen brauchen Verwirklichungsmöglichkeiten in unserer Stadt, um hier zu bleiben. Das gilt insbesondere auch für Studierende, für die die Stadt so interessant wird und die sich vielfach hier engagieren. Vorhandener Leerstand sollte als Chance zum Öffnen kreativer Freiräume gesehen werden.
    Wir setzen uns dafür ein, dass für die freie Szene mindestens genauso viele Mittel wie bisher durch die Stadt bereitgestellt werden und durch das Kulturbüro ausgegeben werden können, sodass sie nicht durch Haushaltssperren blockiert werden. Um gemeinnützigen Vereinen die Vorfinanzierung insbesondere von EU-geförderten Projekten zu ermöglichen, setzen wir uns für die Gründung einer städtischen Kulturstiftung ein, die zinslose Darlehen ausgeben kann, welche nach Abrechnung der Projektmittel zurückgezahlt werden.
    Die Zuschüsse an die Oderhähne und das Theater des Lachens sollen in der jetzigen Höhe dauerhaft erhalten werden und so diesen Bühnen eine kontinuierliche Arbeit ermöglichen. Die Aufnahme des Modernen Theaters Oderland in die Förderung durch die Stadt sollte geprüft werden.
  3. Oderüberschreitende und internationale Zusammenarbeit fördern:
    Wir setzen wir uns für den Erhalt der deutsch-polnischen Festivals „transvocale“, „Unithea“ und „lAbiRynT“ ein.
    Wir können uns vorstellen, das Museum Viadrina stärker auf die Geschichte der Doppelstadt auszurichten und als gemeinsames Regionalmuseum für Frankfurt und Słubice weiter zu entwickeln.

Einladung zum Stammtisch FFO

Am morgigen Dienstag, 14. April 2015 laden die Piraten Frankfurt (Oder) zum Stammtisch ein.

Themen werden der Haushaltsplan der Stadt und die Kulturentwicklungsplanung sein.
Natürlich können wir spontan weitere Themen besprechen.

Ort: MIKADO Mehrgenrationenhaus, Franz-Mehring-Straße 20, 15230 Frankfurt (Oder)
Zeit: Di, 14.4.2015 ab 19:30 Uhr

Ahoi!

Interview mit Kristos auswählen

Interview mit Kristos Thingiloutis Alle berichten über die Griechenlandkrise, kaum irgendwo sieht man die Menschen hinter und in der Krise. Aus persönlicher Erfahrung kenne ich Kristos (politischer Geschäftsführer Piratenpartei Deutschland) und habe ihn nach einer ganz persönlichen Sicht auf Deutschland und Griechenland befragt. Hier seine ganz persönlichen Antworten von ihm. 

Kristos, Du bist um die 40 Jahre alt und hast die griechische Staatsbürgerschaft. Aufgewachsen bis Du in Deutschland. Wie viele Lebensjahre hast Du in Griechenland verbracht? Ich kann dir das nicht in Jahren sagen. Ich kann Dir erzählen, wie es für mich war. Ich habe einige Zeit in Griechenland gearbeitet, im Management einer dortigen großen Hotelkette. Zusätzlich erinnere ich mich noch, wie ich als Kind mit meinen Eltern jeden Sommer nach Griechenland gefahren bin, mit dem Zug nach München und von da sind wir dann mit dem Express nach Thessaloniki gefahren. Es waren soweit ich mich erinnere, 2 Tage und 3 Nächte oder umgekehrt. Es war ein Erlebnis. Es war die Vorfreude auf ein Ereignis, auf das wir in Deutschland alle drauf hin gearbeitet haben. Als Kind hatte ich immer Tränen, und das mindestens zweimal: einmal wenn ich in Thessaloniki ankam, und immer wenn ich wieder weggefahren bin. Die Tränen am Anfang waren die Freudentränen und die wenn ich gefahren bin, die Trauertränen. Wenn ich gefahren bin, wusste ich, dass ich weg musste – aus dem Land, wo die Menschen herzlich sind, wo sie mich nicht als Gastarbeiter-Sohn ansahen, sondern als Mensch unter Menschen. 

Meine Beziehung zu Griechenland erstreckt sich auf „zum Griechen gehen“, einen Gyros essen und einige Musiker und Musikerinnen aus Griechenland. Welches Verhältnis hast Du zu Griechenland? Mein Herz ist griechisch ich fühle griechisch, wenn es griechische Musik gibt. Ich fühle den Schmerz der griechischen Bevölkerung und kann diese nachvollziehen. Über die griechische Musik, die ich wie Luft atme, sagte eine mir sehr wichtige Person: Sie hat die phrygische Tonleiter (Phrygien war eine Region in Griechenland, der europäische Teil der Türkei. Die phrygische Schrift basiert auf dem griechischen Alphabet). In Griechenland wird üblicherweise nicht so viel Fleisch gegessen wie es hier in Deutschland so den Anschein hat. Wir lieben Gemüse, Fisch und die anderen Freuden des Lebens. Uns Griechen ist die Familie extrem wichtig. Wir haben nicht die Sozialleistungen, die uns absichern, das macht die Familie (nach einem Jahr Arbeitslosengeld gibt es nix mehr danach). Und so waren wir Griechen total überrascht, dass wir – wo wir doch ein Problem hatten uns an die Familie „EUROPA“ gewandt haben- dass da dann keine Hilfe kam sondern, naja, ich nenne es man nett formuliert, Belehrungen. Ab 2008 habe ich allen Freunden, Verwandten, Bekannten, Geschäftspartnern etc zu erklären versucht, warum wir Deutsche so mit der Familie umgehen. Und warum wir Deutschen (in Griechenland bin ich der Deutsche) so von oben herab mit anderen umgehen. Warum die Deutschen den Griechen in der Not zwar helfen, aber mit so einer Art von oben herab, so oberlehrerhaft. Ich erkläre dann, dass es in Deutschland nicht diese Herzlichkeit gibt, dass wir in Deutschland auf Zahlen und Produktivität achten, und -noch schlimmer für den normalen Griechen- dass es die Art Hilfe, die wir Griechen in Familien haben, in Deutschland nicht gibt. Warum erzähle ich das? Es sind zwei total unterschiedliche Systeme, wo beide Seiten es nicht verstanden haben, was der andere denkt. Und das Ergebnis haben wir jetzt. Zwei Völker die sich mögen, sich aber nicht mehr verstehen. 

Du hast mal erzählt, dass Du seit der Banken-Krise jede Woche mindestens eine Anfrage von Verwandten oder Bekannten aus Griechenland erhälst, wo die nach einer Arbeit in Deutschland fragen. Hat sich das seit der Wahl im Juli geändert? Nein, es sind mehr Griechen die nach Deutschland kommen wollen. Aber ich kenne keinen Griechen, der sich an den Sozialleistungen des hiesigen Staates bereichern will. Die, die kommen wollen, wollen arbeiten. Leider blutet das Land dadurch aus. In Griechenland ist die gleiche Situation wie in den 60er-Jahren entstanden: dass die Menschen ins Ausland gehen. Einziger Unterschied ist, dass damals die Gastarbeiter kontrolliert worden sind, ob sie Schwielen haben und arbeiten können; das wird zum Glück nicht mehr gemacht. 

Vor und nach der Wahl 2015: hast Du eine Veränderung in der griechischen Bevölkerung festgestellt? Sind die Griechen hoffnungsvoller geworden? Die neue Regierung hat der Bevölkerung wieder Hoffnung gegeben, so dass sie sich traut, was zu sagen, und nicht mehr Befehlsempfänger einer gefühlten Besatzungsmacht ist. 

Was sagen Griechen über Deutschland? Wird Deutschland als Ganzes verteufelt oder wird durchaus kritisch gesehen, dass das Kabinett Merkel der Übeltäter ist? Die Griechen als solches haben nix gegen die Deutschen, sie und auch ich habe was gegen die polemische Art, nicht mit Fakten zu sprechen sondern teilweise mit Unwahrheiten umherzuspringen. 

Bei so viel und so lang anhaltender Krise müsste es doch für die Piraten ein leichtes sein, Stimmen zu gewinnen. Mir schien das Gegenteil der Fall zu sein. Woran sind die Piraten Griechenland gescheitert? Das müsste man in dem Fall die Piraten in Griechenland selber fragen. 

Wo siehst Du die Ursachen der Krise? Die Ursache ist vielseitig. Ich habe ja schon erläutert, dass es Unterschiede gibt in der Denkweise der beiden Völker. Wirtschaftlich gesehen hätte ich ein Aufbauprogramm bevorzugt, dass die Schätze und Vorteile Griechenlands nach vorne bringt. Sprich: eine Art Marshallplan. Das wurde nicht gemacht. Dann hätte man auch den Ausstieg aus dem EURO nehmen müssen, wenn schon kein Aufbauprogramm. Doch da waren die Interessen anders in Europa. Was wir bekommen haben, ist ein Versailler Vertrag, der die Menschen gefühlt zu Knechten der Interessen gemacht hat. In der momentanen Situation würde ich als Grieche sagen: geht und holt euch lieber Hilfe von außerhalb der EU, als dass ihr euch noch mehr zu Sklaven macht. 

Woran liegt es, dass es Griechenland besonders stark erwischt hat? Die vorhandene Wirtschaft wurde plattgemacht, anstatt diese aufzubauen. 

Wie hat die Krise den gesellschaftlichen Zusammenhalt verändert? In Griechenland sicher. Menschen haben keine Krankenversicherung, sie haben keine Arbeit, sie besinnen sich auf die alten Tugenden der Familie. 

Ein Gerücht besagt, dass es in Griechenland ganz viel Korruption gibt. Ist es nicht viel mehr so, dass es sowohl in Deutschland als auch in Griechenland Korruption gibt? Hier nur etwas versteckter? Naja, mal ganz im Ernst, die Korruption in Griechenland ist genau so hoch wie in Deutschland. In Deutschland wird diese besser verpackt und es geht uns hier einfach gesamtwirtschaftlich besser. 

Sollten wir -um die Steuerflucht zu verhindern- uns nicht für eine europaweite Steuergesetzgebung einsetzen? Es sollte ein Steuergesetz für ganz Europa geben. 

Die Kernthemen der Piraten in Deutschland sind Netzpolitik, Bürgerrechte, TTIP, NSAUA, Urheberrechte. Welche Themen sind in Griechenland wichtig? Die Themen in Griechenland sind am nächsten Tag was zu Essen zu bekommen.   

Was ist unsere Beziehung zu den beiden Piratenparteien in Griechenland? Soweit ich weiß: gut. 

Was können wir tun, um der Bevölkerung in Deutschland klarzumachen, dass die Probleme Griechenlands nicht hausgemacht sind, sondern globalere Ursachen hat? Der ganzen Bevölkerung? Am einfachsten ist es, kritisch mit den eigenen Medien zu sein, und lernen, zwischen den Zeilen zu lesen. Sich zu informieren, auch international. Die globalen Zusammenhänge der Kreditvergabe an Griechenland mit Optionsscheinen von Goldmann Sachs erwarte ich nicht als Allgemeinwissen. Was ich mir wünsche, wäre mehr Menschlichkeit mit Umgang mit uns Griechen. Nicht alles ist mit Produktivität zu messen. 

Lasst uns bei der nächsten Wahl in Griechenland aus Deutschland ein Zeichen setzen und die Piraten Griechenland aktiv unterstützen! Die Griechischen Piraten würden sich sicherlich darüber freuen. 🙂